1. Grammatik ist Beziehung.
Wer spricht, handelt nicht nur –
er bezieht sich.
2. Reziproke Formen als Beziehungsausdruck
Reziproke Formen sind nicht vernachlässigbar.
Sie sind der grammatische Ausdruck von Beziehung.
Sie benennen, was Sprache im Innersten kann:
zwischen zwei handeln – nicht nur über eins sprechen.
Sie ermöglichen,
dem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen.
3. Reflexive Formen konterkarieren das Gemeinte.
Wer sagt „sie begegnen sich“,
wollte meinen: „sie begegnen einander“.
Doch das eine ist Selbstverweis,
das andere Begegnung.
4. Sprache trägt Verantwortung.
Wenn sie „einander“ meint,
soll sie es auch sagen.
In anderen Sprachen undenkbar:
Im Arabischen etwa wäre
„Wir begegneten uns selbst“
nicht nur falsch –
es wäre unvorstellbar.
Ein Zeichen für soziales Denken, das uns fehlt?
Oder:
Eines, das uns sprachlich abgewöhnt wird?
5. Reziprok ist kein Sonderfall.
Es ist das Herz grammatischer Gleichwertigkeit.
Deshalb gehört es sichtbar gemacht, geübt, gehört –
im Satz, im Spiel, im Miteinander.
🔁 Die Position des Grammatikkarussells
„Einander“ ist keine sprachliche Spitzfindigkeit.
Es ist ein Ausdruck von Beziehung als gesellschaftlicher Ausdruck
– in grammatische Struktur gegossen.
Wer das Reziproke durch das Reflexive ersetzt,
verkürzt nicht nur den Satz,
sondern auch die Vorstellung von Gegenseitigkeit.
Sprachunterricht soll zeigen, was richtig ist –
grammatisch, sozial und im Miteinander.
Faule Kompromisse sind hintanzuhalten:
„Einander“ sollte zur Pflicht werden –
wo Sprache und Demokratie verhandelt werden.